Urlaub: Was du als Mitarbeiter in Südtirol/Italien wissen solltest
Bald steht er bevor, dein nächster, heißersehnter Urlaub! Und weißt du denn eigentlich über deine Rechte und Pflichten in Sachen Urlaub Bescheid? Vielleicht fragst du dich, auf wie viele Tage Urlaub du Anspruch hast, ob du Urlaub ins nächste Jahr mitnehmen kannst oder, ob dein Arbeitgeber/deine Arbeitgeberin verpflichtet ist, dir Urlaub zu genehmigen. Und was passiert, wenn du im Urlaub krank wirst? Das und vieles mehr haben wir bei den Arbeitsrechtsexperten von ELAS nachgefragt.
1️⃣ Urlaubsanspruch: So viel Urlaub steht dir zu
Als Arbeitnehmer/in in Südtirol hast du Anspruch auf mindestens vier Wochen bezahlten Urlaub im Jahr (gesetzlicher Urlaubsanspruch).
Dieses Recht ist im gesetzesvertretenden Dekret Nr. 66/2003 verankert. Oftmals sieht der Kollektivvertrag eine vorteilhaftere Regelung in Bezug auf den tatsächlichen Urlaubsanspruch vor, daher solltest du auch immer überprüfen, was in deinem Kollektivvertrag steht.
Wie viele Urlaubstage du hast, hängt außerdem auch davon ab, ob du in einem Vollzeit- oder Teilzeitverhältnis arbeitest und ob du erst vor kurzem deine Arbeit angetreten hast. Der Urlaubsanspruch reift nämlich proportional zur geleisteten Arbeitszeit an.
Zum besseren Verständnis hier zwei Beispiele unserer Arbeitsrechtsexperten:
ELAS
Der Partner fürs Personal
Ist der Arbeitgeber verpflichtet, Urlaub zu genehmigen?
Artikel 2109 des Zivilgesetzbuches besagt, dass der Urlaub in einem Zeitraum zu nehmen ist, der vom Arbeitgeber/der Arbeitgeberin festgelegt wird. Diese/r muss jedoch die Interessen des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin berücksichtigen. Urlaub kann vom Vorgesetzten dann abgelehnt bzw. nicht genehmigt oder annulliert werden, wenn nachweisbar organisatorische, produktionsbedingte oder technische Gründe bestehen, die mit den Notwendigkeiten eines Unternehmens zusammenhängen. Zum Beispiel: Wenn dein gewünschter Urlaub in einen Zeitraum fällt, in dem Personalmangel herrscht, eine erhöhte Produktionserfordernis vorliegt oder kein Ersatz/keine Vertretung für dich gefunden werden kann, dann können deine Vorgesetzten das Urlaubsansuchen ablehnen, annullieren oder dich sogar aus dem genehmigten Urlaub zurückholen. Die Kosten, die für dich durch das Annullieren genehmigter Ferien oder das Zurückrufen aus den Ferien entstehen, müssen dir in voller Höhe zurückerstattet werden.
Die Gründe für eine Nichtgenehmigung oder Annullierung eines Urlaubsansuchens können im Kollektiv- oder individuellen Arbeitsvertrag genauer angeführt sein und betreffen in der Regel außergewöhnliche Situationen. Einzelne Kollektivverträge sehen eine bestimmte Anzahl von Urlaubstagen vor, über die man frei entscheiden kann. Solche Regelungen sind sehr selten, überprüfe daher den jeweiligen Kollektivvertrag genau.
2️⃣Kann Urlaub an den Arbeitgeber verkauft bzw. von ihm abgekauft werden?
Urlaub ankaufen:
Als Arbeitnehmer/in hast du nur Anspruch auf jene Urlaubstage und Freistunden, die im Kollektivvertrag vorgegeben sind. In Italien ist es also nicht möglich, Urlaub vom Arbeitgeber/von der Arbeitgeberin abzukaufen.
Das ist stattdessen möglich:
Genießt du aus bestimmten Gründen trotzdem mehr Urlaub, als dir zustehen würde, so führt dies zu einem negativen Urlaubssaldo, der dann ins darauffolgende Jahr übertragen wird.
Das bedeutet dann, dass dir diese zusätzlich in Anspruch genommenen Stunden/Tage vom Urlaubsguthaben des neuen Jahres abgezogen werden. Wenn ein Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin mit negativem Urlaubssaldo das Unternehmen verlässt, wird der negative Saldo üblicherweise vom letzten Gehalt abgezogen, wobei hier negative Arbeitsstunden dieselbe Gewichtung haben, wie reguläre Arbeitsstunden.
Arbeitgeber/innen haben die Möglichkeit, ihren Mitarbeiter/innen zusätzlichen Urlaub zu schenken. Außerdem kannst du als Mitarbeiter/in den Vorschlag machen, auf eine Gehaltserhöhung zu verzichten und dafür zusätzliche Urlaubstage zu vereinbaren. Solche Vereinbarungen unterliegen der freien Verhandlung zwischen Arbeitgeber/in und Arbeitnehmer/in, wobei die unverzichtbaren Rechte des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin nicht verletzt werden dürfen.
Urlaub verkaufen:
Als unverzichtbares Recht der Arbeitnehmer/innen (siehe Art. 36 der italienischen Verfassung) kannst du Urlaub weder an den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin verkaufen, noch ist es möglich, auf Urlaub zu verzichten bzw. sich diesen auszahlen zu lassen.
In folgenden Ausnahmefällen dürfen oder müssen dir Urlaubsstunden vom Arbeitgeber/von der Arbeitgeberin ausbezahlt werden:
- ✅Wenn du das Unternehmen verlässt (z.B. bei einer freiwilligen Kündigung) und noch restliche Urlaubsstunden übrighast, werden dir diese Stunden zum geltenden Stundensatz auf dem letzten Lohnstreifen ausbezahlt
- ✅Wie oben erwähnt stehen dir mindestens vier Wochen Urlaub im Jahr zu. Sieht ein Kollektivvertrag mehr Wochen oder Tage vor, können dir diese zusätzlichen Urlaubstage im Laufe des Arbeitsverhältnisses ausbezahlt werden
- ✅Bei Verträgen auf Abruf und befristeten Verträgen unter 12 Monaten gelten besondere Regelungen, was die Ausbezahlung von Urlaubsstunden anbelangt. Informiere dich in solchen Fällen auch bei einem Arbeitsrechtexperten/einer Arbeitsrechtsexpertin oder einer Gewerkschaft
3️⃣ Was passiert mit angereiftem Urlaub, der nicht genossen wird?
Als Mitarbeiter/in bist du VERPFLICHTET, dir pro Jahr mindestens zwei Wochen Urlaub zu nehmen (Mindesturlaub). Auf diese zwei Wochen darf NICHT verzichtet werden. Der nicht genossene Resturlaub darf auf das folgende Jahr übertragen werden und muss innerhalb von 1,5 Jahren genossen werden. Wird diese Frist nicht eingehalten, müssen Arbeitgeber/in und Mitarbeiter/in Sozialbeträge vorauszahlen, die auf dem Wert der verbleibenden Urlaubsstunden berechnet werden. Der Urlaubssaldo verschwindet dabei nicht und bleibt so lange offen, bis der verbleibende Urlaub in Anspruch genommen wird.
Erkrankst du während deines Urlaubs, so wird der Urlaub unterbrochen. Die Tage in denen du krank bist werden dann nicht als Urlaub, sondern als Krankheitstage abgerechnet. WICHTIG: Damit du diese Urlaubstage nicht verlierst musst du umgehend einen Arzt aufsuchen und die Krankschreibung an deinen Arbeitgeber/deine Arbeitgeberin weiterleiten. Wechselst du in ein neues Unternehmen, kannst du den Resturlaub, den du am alten Arbeitsplatz angesammelt hast, nicht mitnehmen. Dies wäre beispielsweise nur bei einer Fusion denkbar, wenn alle Mitarbeiter/innen des alten Unternehmens in ein Neues wechseln.
4️⃣ Fazit
Wie du siehst, bist du als Arbeitnehmer/in in Sachen Urlaub in Italien rechtlich gut geschützt. Bemühe dich immer darum, Urlaubsansuchen frühzeitig an deinen Arbeitgeber/deine Arbeitgeberin zu stellen und deine gewünschte Urlaubszeit auch im Team vorab zu besprechen.
So sind alle informiert, können auf ev. Personalengpässe rechtzeitig hinweisen oder Arbeitsabläufe und Termine dementsprechend planen. Außerdem solltest du besonders bei Personalmangel, gleichzeitig geplanten Abwesenheiten und in Zeiten erhöhter Produktionserfordernissen flexibel und kompromissbereit bleiben, was deinen gewünschten Urlaubszeitraum anbelangt.
Du empfindest trotz Urlaub deine Arbeit als zunehmend belastend und denkst immer häufiger an einen Jobwechsel? Dann empfehlen wir dir diese beiden Blogartikel: Bist du offen für einen Jobwechsel? und Karrierewechsel: Das solltest du wissen
Dieser Blogartikel wurde mit freundlicher und fachlicher Unterstützung von ELAS verfasst, unseren Ansprechpartnern in Sachen Lohnbuchhaltung und Arbeitsrecht.
Dieser Beitrag ist kein Ratgeber für Rechtsfragen und kann keine Rechtsberatung ersetzen. Wende dich bei arbeits- und steuerrechtlichen Fragen oder bei Sachverhalten rund ums Thema Finanzen daher immer an Steuer- und Rechtsexperten. Karriere Südtirol übernimmt keine Haftung für getätigte oder unterlassene Aktionen und Entscheidungen, welche auf Basis dieses Blogartikels unternommen werden.
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